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Der Maulwurf: Installation von Ottmar HörlDer Maulwurf: Installation von Ottmar Hörl

IN DER ABTART LÄSST OTTMAR HÖRL DEN MAULWURF AUS DEM SACK

Das Resultat einer Kooperation des Konzeptkünstlers Ottmar Hörl und des Renitenztheaters Stuttgart wird am Mittwoch, den 23. November um 19:30 Uhr in der Galerie ABTART in Stuttgart-Möhringen der Kunstwelt präsentiert und zum Verkauf angeboten: Ein Maulwurf für Stuttgart.

Hörls neuestes Skulpturenprojekt wurde speziell für Stuttgart entwickelt. So wird die Galerie ABTART vom 23. November bis 16. Dezember 2016 nun zu einem besonderen Kunstschauplatz. Das Motiv der Installation ist der Maulwurf, ein Tier, das ein ganzes Feld von vielschichtigen, interessanten Interpretationsmöglichkeiten in sich trägt, die dazu anregen, sich mit der Wahrnehmung von Wirklichkeit und Wahrnehmungsmechanismen auseinanderzusetzen.

Den Anlass gab die Einladung des Künstlers zur Kooperation mit dem Stuttgarter Renitenztheater. Im Vorfeld sowie begleitend zur Laufzeit der neuen Mediensatire »Der Maulwurf – Wühlkommen in den Verhältnissen«, die am 8.Dezember 2016 Premiere hat. So tauchen nun haufenweise Maulwurf-Skulpturen und Maulwurfshügel-Skulpturen in Stuttgart auf. Denn in dem Theaterstück geht es um das so zeitlose wie brandaktuelle Thema der öffentlichen Meinung und der Meinungsmache sowie um Politisches, Gesellschafts- und Medienkritisches. Dabei wird eine Online-Redaktion von einem unbekannten »Maulwurf« unterwandert, der mit seinen Online-Kommentaren die gängige Meinung torpediert und dadurch zum heimlichen Online-Star wird.

Prof. Ottmar Hörl, in dessen Werk politische Aspekte eine wesentliche Rolle spielen, hat die Idee zu einer Kooperation mit der Stuttgarter Kabarettbühne sofort begeistert aufgenommen. »Kultur ist ein Garant dafür, dass Strukturen offengelegt und politische Ideologien hinterfragt und relativiert werden. Das Stück des Renitenztheaters leistet dazu einen aktuellen Beitrag«, so Ottmar Hörl. Im kollektiven kulturellen Gedächtnis ist das Bild des Maulwurfs schon seit der Antike und Aristoteles verankert. Es war William Shakepeare, der dem traditionellen Bild des blinden Maulwurfs eine neue revolutionäre Dimension verlieh, in dem er auf das Verborgene, das an den Tag gebracht werden soll, verwies. So sagt Hamlet, der Prinz von Dänemark in dem gleichnamigen Stück zum Geist seines Vaters: „Brav, alter Maulwurf! Wühlst so hurtig fort? O trefflicher Minierer!« An diese Bedeutungsebene knüpfte dann Karl Marx an und verglich den Prozess der Revolution mit einem alten Maulwurf, »der umsichtig unter der Erde das Terrain vorbereitet, um eines Tages ans Licht zu kommen und den Sieg zu erringen«. Auch bei Hegel und Marx dient das Bild des unterirdisch grabenden Maulwurfs sogar als »weltgeschichtliche Orientierungsmetapher.«. Im 19. Jahrhundert wird das Bild der Tätigkeit des unermüdlichen Grabens im Verborgenen, im Untergrund, gleichgesetzt mit dem Durchdringen einer geistigen Materie, verbunden mit der Erfahrung der Erkenntnis, die ans Tageslicht kommt. Und auch in der Literatur wird der Maulwurf im 19.Jahrunder verstärkt zum Motiv. Bei Gustave Flaubert dient er beispielsweise als Symbolik für die Moral des Durchhaltens, für die Moral des Schriftstellers, der sich bedingungslos an eine Aufgabe hingibt.

Uwe Bogen stellte in den Stuttgarter Nachrichten fest, dass in den 1970er Jahren also »Lange bevor das Bahnprojekt Stuttgart?21 die Stadt spaltet … heftig gebuddelt und gebaggert wird« und bezeichnete die Stadt als Maulwurf-Metropole. So ist der Maulwurf in vielerlei Hinsicht auch ein ideales Motiv für Stuttgart. Durch die Skulpturen-Installation und das Theaterstück wird das Bild des Maulwurfs zu einem anregenden Assoziationsfeld, das im Zeitalter von Internet, Umfragen, Datenklau und Abhör-Skandalen brandneue Aktualität erhält und zum Nachdenken anregt.

Ottmar Hörls serielle Skulpturenprojekte, immer mit konzeptuellem Bezug zum Aufstellungsort, ziehen durch ihre bisweilen subversiven, vielschichtigen  Aspekte und ihre kommunikative, nachhaltige Wirkung immer wieder aufs Neue in den Bann. Manfred Schneckenburger, der ehemalige Documenta-Leiter ordnete ihn als »offensiven, zielgenauen Strategen einer neuen öffentlichen Kunst« ein. Unter der Maxime »Skulptur als Organisationsprinzip« entwickelte der international renommierte Konzeptkünstler, Professor und Präsident der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, eine Präsentationsform, welche die Isolierung des musealen Raums bewusst aufbricht.

Kunst- und Maulwurf-Fans können auch Teil des Projekts werden und damit zur Refinanzierung der Projektkosten beitragen. Eine unsignierte Skulptur aus Kunststoff kostet jeweils 40 Euro und eine signierte 80 Euro (Auflage 250 Stück).